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 19.05.2004   
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Topographie des Jenseits
"Wo? Wo bin ich hier? Wo ist mein Körper...?"

Berserk (Vol. 13) / Kentaro Miura

english version ]

Himmel - Hölle - Fegefeuer

Es gibt nur ganz wenige Begriffsgruppen, die unmittelbarere bildliche Assoziationen auslösen als diese triadische Topografie des Jenseits, die sich im Christentum und - mit mehr oder weniger großen Abweichungen - auch in den anderen Weltreligionen über Jahrhunderte entwickelt hat. Diese Ausdifferenzierung hat zunächst ausschließlich über theologische Diskurse und literarische Erzählungen (wenngleich natürlich auch dort immer über bildliche Vorstellungen), also über Schrift, stattgefunden, nicht zuletzt wegen des Bilderverbotes im Judentum und im frühen Christentum. Erst viel später begann die Tradition bildnerischer und skulpturaler Darstellungen dieser Jenseitsräume und erst im Hochmittelalter wurden sie auch akustisch erobert, indem Musik - in Anklängen an die himmlische Sphärenmusik - in die Liturgie integriert wurde. Mit der Nachahmung der Kakophonie der Hölle schließlich wurde überhaupt erst im letzten Jahrhundert begonnen. Selbst die gängige Unterscheidung in E- und U-Musik lässt sich als Nachwirkung der Diade von Himmels- und Höllenmusik deuten. Das Konzept dieser Jenseitsräume - geboren aus Strategien der Angst - wirkt beinahe ungebrochen bis heute fort, ist fester Bestandteil der allgemeinen Vorstellungswelt und strahlt praktisch in alle Bereiche der kulturellen Produktion bis hin zur Alltagskultur - Literatur, Film, Musik, Bildende Kunst und eben auch Comics.

Das Comic Festival 2004 in Graz lässt sich in diesem Sinn auch als Magazin lesen, das schriftliche, bildliche sowie akustische, zeitgenössische Deutungen dieser Topografie ins Blickfeld rückt. Deutungen, die immer auf die Comic Szenen Österreichs und einiger ausgewählter Nachbarländer bezogen sind, mit besonderem Fokus auf geglückte narrative Positionen und - funktional gesehen - Produktionsstrategien der D.I.Y.-Kultur.

Exkurs: Böse Manga

Als Ausgangspunkt: Guts - der Held in Kentaro Miuras "Berserk" - auf dem Weg durch eine Welt, in der sich historische Zeiten ineinander verschieben und überlagern, auf dem Weg durch Escher zitierende Dimensionen, in der gottähnliche, entstellte Wesen - "God Hand" - ihre undurchsichtige Herrschaft ausüben, in der Dämonen, Untote und Monster alles Leben in Stücke reißen und die Erde in jedem Moment zur Hölle machen. Ein stärkerer Kontrast zu Dantes streng schematisierter Jenseits-Konzeption von Inferno, Läuterungsberg/Fegefeuer und Paradies in der "Göttlichen Komödie" scheint nicht denkbar. Denn was bei Dante logisch geordnet aufeinander folgt, stellt Kentaro Miura auf mehr als 6000 schwarz-weiß komponierten Seiten als unterschiedliche Seiten ein und derselben Medaille dar. In Berserk regiert zu allen Zeiten das "Dazwischen".

Die Beschäftigung mit dem Jenseits, dem Abgründigen, dem Horror hat in japanischen Manga lange Tradition. Altmeister des Genres Hideshi Hino hat mit "Panorama of Hell" (Jigoku Hen) 1982 ein Standardwerk geschaffen, das von der alptraumhaften Reise eines Malers in seine ganz persönliche postnukleare Hölle berichtet. Hideshi Hino hat auch eine wenig bekannte filmische Extravaganza zum Thema produziert und dabei wiederum Autorenschaft auf extreme Weise thematisiert. In "Mermaid in a manhole" (Za Ginipiggu 4: Manhoru no naka no ningyo), der als einer der abstoßendsten Filme der Geschichte gilt, taucht ein depressiver Maler in die Unterwelt ab - konkret: ins Kanalsystem: "Here rest all the beautiful things I've lost". Dort im Müll findet er nicht nur die Überreste seines Meerschweinchens sondern auch eine Meerjungfrau, deren sich zersetzender Körper ihm in weiterer Folge als "Material" dient.

Horror-Manga und Filme - die jeweilige Übernahme von Themen und Stoffen von einem Medium in das andere lässt sich auch anhand der Manga eines weiteren Horror-Meisters zeigen. Sowohl Junji Itos "Spiral into Horror" (Uzumaki) als auch "Tomie" und "Kakashi" wurden erfolgreich verfilmt. Andererseits gibt's auch zum Film-Klassiker "The Ring" (Ringu) inzwischen eine Mangaversion. Ein wenig beachteter Aspekt des derzeit grassierenden Trends der Comic-Verfilmungen von "Spiderman" bis "Punisher", aber eben auch "Hellboy".

Exkurs: Fegefeuer im Independent Comic

Dass diese Themen auch in der anglo-amerikanischen und europäischen zeitgenössischen Comic-Produktion zur Zeit eine wichtige Rolle spielen, zeigt zum einen der letzten Herbst erschienen Band "Jimbo in Purgatory", in dem der in New York lebende Comic-Künstler Gary Panter zum zweiten Mal auf Dantes Spuren wandelt und seinen Helden mit dem leeren Blick diesmal durch einen riesigen Infotainment-Test-Komplex schickt. Der erste Teile (Inferno) erschien noch in Matt Groenings "Zongo Comics".

Weit über den deutschsprachigen Raum hinaus ist der Schweizer Thomas Ott bekannt geworden, der mit "Dead End", "Greetings from Hellville", "Tales of Error" oder "t.o.t.t." thematisch Einschlägiges publiziert hat. Otts Beschäftigung mit der dunklen Seiten der Wirklichkeit bildet sich auch in der von ihm gewählten Technik ab: Er kratzt seine wortlosen Horror-Comics aus schwarzem Schabkarton. Spielt auch in der Band "Beelzebub".

Auch der Comic Salon Erlangen hat sich übrigens 2004 mit der Ausstellungserweiterung "Dante im Comic - Die Geografie des Jenseits" mit der Verortung des Lebens nach dem Tod befasst. Dass auch Godards letzter Film "Notre Musique" der Dreiteilung der "Göttlichen Komödie" folgt, sei nur am Rande erwähnt.

(Text wird erweitert)

Exkurs: Durchs Feuer gehen

Während die Sache mit dem Inferno und dem Paradies relativ klar zu liegen scheint (ewige Qualen oder eben ewige Glückseligkeit), so stellt sich das Fegefeuer als "Zwischenreich" naturgemäß differenzierter dar. Einige der sich daraus ergebenden Fragen und Beobachtungen, die über die katholische Doktrin, aus der sie ableitbar sind, hinaus von Interesse sein könnten:

- Das Fegefeuer als Ort und Strafe für die Mittelmäßigen. Im Fegefeuer schmoren die, die nicht sofort in die Hölle (Todsünder) bzw. in den Himmel (Heilige) kommen.
- Zeitbegriff zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit: Für das Beten eines kurzen, einfachen Gebetes werden zwischen 100 und 300 Tage Fegefeuer erlassen; für einen Rosenkranz 2000 Tage ("How To Avoid Purgatory" von Fr. Paul O´Sullivan).
- Läuterung durch Liebesqual. Katharina von Genua (15. Jh) erklärt die Qualen des Fegefeuers dadurch, dass die Sünder an der Erkenntnis der Liebe Gottes leiden.
- Fegefeuer als Leerstelle der Theorie. Entstanden aus der Diskrepanz zwischen den beiden Konzepten "individuelles Gericht nach dem Tod" und "gemeinsames jüngstes Gericht am Ende der Zeiten". Besonders deutlich wird das Problem am Beispiel des Konzeptes des "Limbus Infantium" für die ungetauften Kinder - ein ewiger Zustand natürlicher Freude? Jedenfalls nicht der Himmel.
- Hygienefaktor / Zustand. Papst Johannes Paul II ("Drei Ansprachen bei Generalaudienzen im Sommer 1999 über Himmel, Hölle und Fegfeuer"): "Diese Bezeichnung meint keinen Ort, sondern einen Zustand. Alle, die nach dem Tod für die Begegnung mit Gott noch "gereinigt" werden, sind schon in der Liebe Christi. Dabei ist das Fegfeuer nicht die Verlängerung des irdischen Lebens. Der Mensch kann sich nicht noch einmal neu entscheiden. Er kann im Fegfeuer nicht nachholen, was er einst auf Erden versäumt hat."

 



 Rückblick 
 
 Das war das Comic
 Festival Graz 2003
 
  Mit dem "Comic Festival Graz", das Anfang September (30.8.- 6.9.2003) im "forum stadtpark" als Koproduktion des Labels "tonto" mit dem Graz 2003-Projekt "access all areas" realisiert wurde, ... mehr ]

 
 Bilder vom Comic Festival  Graz 2003  
  Hier sind einige Impressionen vom letzjährigen Festival eingefangen, ... mehr ]